Monat: Mai 2019

Die dräuenden Wolken liefern den Regen noch nicht, sie annoncieren ihn erst.   Der grandiose Aufschwung des Ikarus gegen die Sonne, dieses Luftjubeln, der Seelensog ins Unendliche – was Vater Dädalus auf seiner berechenbaren Flugbahn nie und nimmer erleben wird.   Auch die Gefühle im Nanobereich sind Gefühle, vielleicht überhaupt die interessantesten.   Wie ein minimer Schmerz, gleich an welchem… Read more →

Die Biene, die gestern hinter den Fensterscheiben surrte, die ich ins Freie schob, die nach einer Weile durch den offenen Spalt wieder ins Zimmer flog, abgeschoben wurde, wieder und wieder zurückkehrte: Heute krabbelt sie abermals auf dem Sims. Ein unbelehrbarer Gast. An Treue mag ich nicht glauben.   Tut Ihnen etwas leid, das Sie in ihrem Leben getan haben? –… Read more →

Hegen und Pflegen im Garten: Die Mäuse arbeiten mit. Die Läuse arbeiten mit. Die Raupen, Schnecken, Maulwurfsgrillen, Katzen scharren, wühlen, fressen, rupfen mit. Einübung der Demokratie in Schrebers Kolonie.   Der Schatten der vorbeifliegenden Vögel auf dem Boden. Schnellschrift. Huschende Untertitel zum aktuellen Open Air-Movie. Read more →

Bilder des Moments, gerissene Grenzgänger des Wirklichen. Vorhin zwei dunkelrote Rechtecke an der Rückwand des Zimmers, hervorgerufen durch die sinkende Sonne. Darauf der Schatten der Stehlampe: von David Hockney auf eine Leinwand von Rothko gemalt.   Die Filibusterreden der Spatzen. Auch am Abend ist noch keine abschliessende Abstimmung in Sicht. Read more →

Von den Grenzen des Prinzen

Eine Pharmafirma, die für ein Haarmittel mit dem Märchen von Rapunzel Werbung macht und behauptet, das Produkt sei «vom Prinzen empfohlen», wird von der strafrechtlichen Untersuchungsbehörde gebüsst. Gemäss Swissmedic ist das unzulässige Werbung, weil Märchenprinzen als «medizinisch-pharmazeutische Laien» gelten, mit denen gemäss Arzneimittelverordnung nicht geworben werden dürfe (4000 Franken Busse). – Aus Republik, 22.5.19 Read more →

Im Buchladen beim Durchblättern von Neuerscheinungen. Ich höre mir den Beginn einer Familiengeschichte an und klappe das Buch zu. Ich lausche in einen Dialog hinein, beobachte zwei bei einem Liebesakt, lege das Buch zurück. Ich fühle mich als Abwehrender, als Zögernder. Und möchte doch nichts lieber sein als einer, den ein Buch wie ein Höhlenbär in seine Höhle zieht und… Read more →

Es gibt Tage, die sich dagegen sträuben, dass ich in sie eintrete. Ich muss mich umständlich ausweisen, durch Geduld, Demut, Neugier. Ich kann den Tag auch erstürmen, indem ich ihn mit Taten und Terminen erobere. Das ist leicht zu arrangieren, doch ich riskiere dabei, dass die Verbindung reisst. Entweder die von mir zu ihm oder die von mir zu mir.… Read more →

Zu Beginn des Unterrichts, wenn die Studenten gespannt dasitzen, im Zimmer Ruhe eintritt und ich überlege, mit welchen Worte ich beginnen soll, ist alles herrlich offen. Wir könnten über Politik reden, über die Schwierigkeiten des Schreibens, ich könnte eine Seite aus dem neuen Roman von Julian Barnes vorlesen. Ich höre mich den ersten Satz zu den Studenten sprechen, und der… Read more →

Im Gerenne und Gedränge des Bahnhofs der wartenden Freunde ansichtig werden, so wie man auf einer Wiese nach langem Suchen ein vierblättriges Kleeblatt findet: das Versprechen nahen Glücks.   Eilen auf den Bus, als ob das Gelingen des Tages davon abhinge ihn noch rechtzeitig zu erwischen. Gefühl der Erleichterung, als er vor der Nase abfährt: Der Tag hat noch andere… Read more →