Die Topfpflanze in meiner Hotelunterkunft wartet mit ihren hängenden Blättern auf Rettung, auf einen Schluck Wasser, während es vor dem Fenster wie aus Kübeln giesst. Durch die Altstadt von Bern begleitet mich eine Bettlerin, die in gebrochenem Deutsch auf mich einspricht, zu mir fleht, den Namen Jesus Christus wiederholt, die Hand auf das Herz legt. Sie will zweihundert Franken… Read more →
Das Foto, das beim Aufstarten des Computers auf dem Bildschirm erscheint, führt Berge vor Augen, Schneeberge, im Vordergrund eine Landschaft mit Maquis, grünes Buschwerk, durch das sich ein Weg schlängelt. Ich schaue lange auf den Weg, bevor ich zu arbeiten beginne. Einzig der Weg fasziniert mich. Er erzählt von der Existenz des Menschen, der nicht zu sehen, aber in seinen… Read more →
Erweisen sich die Antworten von ChatGPT als falsch oder abwegig, probiert das System neue Parameter durch. Es schämt sich nicht, ärgert sich nicht, kriegt keine Depressionen. Das Sich-Irren und Danebenhauen ist das Lebenselixier, in dem es stark wird. Lernen von ChatGPT. „Wellness für Ihre Baustellen.“ (Aufschrift auf einem Wagen der Abfallentsorgung) Read more →
Sie bringt es fertig, bei der Wegbeschreibung zu ihrer Wohnung vom „ÖV“ zu reden, den wir zu nehmen hätten, ohne zu sagen, worum es sich handelt ob um Zug, S-Bahn oder Tram. Den Fussweg von der Endstation schildert sie in allen Details, ohne ihre Wohnadresse anzugeben. Sie ist eine Person, die voraussetzt, dass man stets weiss, was sie sagen will.… Read more →
Draussen steht nackt das Wetter. Ich ziehe ihm Kleider über, in Form von Attributen: schön, garstig, zum Wandern einladend, frühlingshaft. Das Wetter bleibt davon unberührt, es geht, wie es gekommen ist, ungekämmt und barfuss. Die Katze lässt mit einem längeren Schwanzzittern den Regen vom Fell abperlen. Read more →
Die Schweiz nach der Rückkehr aus dem Ausland: wie solid, haltbar, stabil alles ist, vom politischen System bis zu den Duschbrausen. Die Bewohner:innen kennen die Technik und Ästhetik nur von der besten Seite her, sie bringen ihnen volles Vertrauen entgegen. Inzwischen gelten ihnen auch AKWs wieder als sicher. Reflexartig halten sie umgekehrt alles Verunsichernde, Bedrohliche von sich fern, solange es… Read more →
In den Räumen des Palais de Tokyo, wo seit zwei Tagen Bilder der Schweizer Künstlerin Miriam Cahn gezeigt werden, fällt das Verhalten der Wärter auf. Es sind ausschliesslich Schwarze. Sie telefonieren ungebührlich laut, rufen sich durch den Saal etwas zu, treffen sich zu zweit, zu dritt, plaudern und lachen. Für sie sind die vielen Brüste und Penisse, die blutenden Schösse,… Read more →
Auf dem Friedhof Montparnasse gibt es bei einigen Gräbern Fotos oder Bilder, die einen Toten als Lebenden zeigen, als einen, der lacht, der am Leben Spass hat. Das hat etwas seltsam Unangemessenes, Unpassendes. Auf den Friedhof gehen, heisst anerkennen, dass der geliebte Mensch endgültig gegangen ist, dass er nicht mehr zu unserer Welt gehört. Man kann ihn andernorts wiederbeleben, in… Read more →
Ich stehe in der Wäscherei, in einem hellen Raum, wo sich die Trommeln drehen, und schaue in den späten Abend. Die Wäscherei ist ein Ort, wo man hauptsächlich wartet. Ein Waschgang ist zu kurz, als dass man nach Hause gehen kann, bis er fertig ist. Also bleibt man an der Wärme, liest die Zeitung oder ein Buch, spielt mit dem… Read more →
Georges Perecs letzte Wohnung
„Welches sind die Sehenswürdigkeiten des Quartiers?“, schreibt Georges Perec in Espèces d’Espaces. „Das Wohnhaus von Salomon Bernard? Die Kirche Sankt Thomas von Aquin? Die Nr. 5 der rue Sébastien-Bottin?“ Mich nimmt wunder, was sich hinter der geheimnisvollen Anspielung auf diese Strasse versteckt. Vielleicht ein Haus, in dem Perec vorübergehend gewohnt hat? Zu dem er eine spezielle Beziehung hatte? Ich beschliesse… Read more →