Draussen steht nackt das Wetter. Ich ziehe ihm Kleider über, in Form von Attributen: schön, garstig, zum Wandern einladend, frühlingshaft. Das Wetter bleibt davon unberührt, es geht, wie es gekommen ist, ungekämmt und barfuss.   Die Katze lässt mit einem längeren Schwanzzittern den Regen vom Fell abperlen. Read more →

Die Schweiz nach der Rückkehr aus dem Ausland: wie solid, haltbar, stabil alles ist, vom politischen System bis zu den Duschbrausen. Die Bewohner:innen kennen die Technik und Ästhetik nur von der besten Seite her, sie bringen ihnen volles Vertrauen entgegen. Inzwischen gelten ihnen auch AKWs wieder als sicher. Reflexartig halten sie umgekehrt alles Verunsichernde, Bedrohliche von sich fern, solange es… Read more →

In den Räumen des Palais de Tokyo, wo seit zwei Tagen Bilder der Schweizer Künstlerin Miriam Cahn gezeigt werden, fällt das Verhalten der Wärter auf. Es sind ausschliesslich Schwarze. Sie telefonieren ungebührlich laut, rufen sich durch den Saal etwas zu, treffen sich zu zweit, zu dritt, plaudern und lachen. Für sie sind die vielen Brüste und Penisse, die blutenden Schösse,… Read more →

Auf dem Friedhof Montparnasse gibt es bei einigen Gräbern Fotos oder Bilder, die einen Toten als Lebenden zeigen, als einen, der lacht, der am Leben Spass hat. Das hat etwas seltsam Unangemessenes, Unpassendes. Auf den Friedhof gehen, heisst anerkennen, dass der geliebte Mensch endgültig gegangen ist, dass er nicht mehr zu unserer Welt gehört. Man kann ihn andernorts wiederbeleben, in… Read more →

Ich stehe in der Wäscherei, in einem hellen Raum, wo sich die Trommeln drehen, und schaue in den späten Abend. Die Wäscherei ist ein Ort, wo man hauptsächlich wartet. Ein Waschgang ist zu kurz, als dass man nach Hause gehen kann, bis er fertig ist. Also bleibt man an der Wärme, liest die Zeitung oder ein Buch, spielt mit dem… Read more →

Georges Perecs letzte Wohnung

„Welches sind die Sehenswürdigkeiten des Quartiers?“, schreibt Georges Perec in Espèces d’Espaces. „Das Wohnhaus von Salomon Bernard? Die Kirche Sankt Thomas von Aquin? Die Nr. 5 der rue Sébastien-Bottin?“ Mich nimmt wunder, was sich hinter der geheimnisvollen Anspielung auf diese Strasse versteckt. Vielleicht ein Haus, in dem Perec vorübergehend gewohnt hat? Zu dem er eine spezielle Beziehung hatte? Ich beschliesse… Read more →

Die Pétanquespieler im Jardin du Luxembourg haben aus zwei Stangen, die sie in den Sand stecken und mit einer dritten horizontal verbinden, einen Kleiderständer errichtet, wo ihre Jacken ordentlich an Bügeln hängen wie in der Garderobe eines Theaters.   Ein Mann sitzt auf einem Stuhl in der Kirche St. Germain-des-Prés und spricht mit sich selbst. Er zeigt dabei auf gewisse… Read more →

Am gegenüberliegenden Haus öffnet sich der Flügel eines Fensters, darin erscheinen nacheinander eine Hand, die eine brennende Zigarette hält, ein Arm, schliesslich das Gesicht einer alten Frau mit langen grauen Haaren. Die Frau schaut eine Weile auf die Strasse hinunter, dreht den Kopf nach links, nach rechts. Sie macht ein paar Züge und hält sich den Rauch mit einer vagen… Read more →

Der Stadtplan

Fast alle Bilder, die in Wohnzimmern hängen, haben dasselbe Schicksal. Sie werden mit der Zeit übersehen, niemand beachtet sie mehr. Nicht dieses Bild hier. Je länger man sich in der Wohnung aufhält, desto spannender wird es. Es ist der Stadtplan von Paris. Er misst 130 auf 100 cm und bedeckt einen grossen Teil der Längswand. Fünf Reissnägel halten ihn fest.… Read more →

Die Metro an der Station Porte d’Auteuil fährt im Moment nur in eine Richtung. Man muss, will man in das Stadtzentrum, vom Stadtzentrum wegfahren. Dann in eine andere Komposition umsteigen, um dorthin zu fahren, wo man eigentlich hin will. Das ist schon fast eine philosophische Art, unterwegs zu sein.   Freitagabend im Quartier, das den Schwarzen gehört. Die Fiseurbuden, hell… Read more →